Tourist 103 A2 1. Gang schlägt und springt raus

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moewe
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Tourist 103 A2 1. Gang schlägt und springt raus

Beitrag von moewe »

Hallo zusammen!

Ich habe vergangenen Freitag meinen Tourist 103 A2 beim TÜV vorgefahren und diesen ohne Probleme bestanden.
Als der Prüfer für die Probefahrt über den Hof fuhr, konnte ich quer über den Hof hören, wie dieser sehr unschön und mit viel Krachen vom zweiten in den ersten Gang zurück geschalten hat. In diesem Moment, dachte ich mir noch nicht viel dabei. Plakette bekommen und ab vom Hof gefahren. An der ersten Ampel sprang mir dann plötzlich der erste Gang beim Anfahren raus. Ich habe das erstmal als einmaliges Problem abgestempelt und bin weiter gefahren. Freundin zuhause abgeholt und auf eine kleine Ausfahrt gemacht. Aus dem Hof heraus sprang mir dann der erste Gang schon wieder heraus.

Über die Fahrt hinweg wurde das immer schlimmer. Ich dachte zuerst, dass der Schaltdrehgriff zu sehr Richtung Leerlauf zieht und habe den Griff deshalb im ersten Gang fester nach unten gedrückt und gehalten, was allerdings nur zu einem gleichmäßigen Schlagen und Springen des ersten Gangs geführt hat.

Kennt jemand dieses Problem oder hatte die gleichen Anzeichen bereits? Ich habe das Gefühl, dass mir mindestens ein Zahn im Getriebe abgebrochen ist und an dieser Stelle deswegen der 1. Gang raus rutscht.


Vielen Dank schon mal für eure Hilfe!


Grüße
Moritz
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heinkel-bernd
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Re: Tourist 103 A2 1. Gang schlägt und springt raus

Beitrag von heinkel-bernd »

Servus Moritz,

zum Schalten vom 2. in den 1. Gang während des Fahrens kennen die wenigsten Fahrer
der jüngeren Generation die Technik des Herunterschaltens eines unsynchronisierten Getriebes !
Auch die Ingeneure oder Master nicht :mrgreen:

Dabei lässt sich diese Methode am Heinkel vom 2. in den 1. Gang sehr gut anwenden, da hier am
Kupplungshebel auch die Arretierung für den Leerlauf ausgespart ist, sprich die Kupplung auch im
Leerlauf einkuppeln kann :wink:

Ziel ist es, die Drehung des Schaltrades im Getriebe der Drehzahl des Motors anzupassen, damit die Schalträder
möglichst geräuschlos ineinander greifen.
Diese Angleichung erreicht man beim Herunterschalten nur durch das kurze Einkuppeln und gleichzeitigem
Hochdrehen des Motors im Leerlauf, bevor der kleinere Gang eingelegt wird.
Dieses Einkuppeln im Leerlauf lässt die Schaltmechanik aber leider nur zwischen dem 2. und 1. Gang zu.

Fahrer, die diese Methode nicht beherrschen, sollten beim Schalten in den 1.Gang möglichst langsam fahren.
Das Zwischengas beim Herunterschalten in die anderen Gänge ohne Zwischenkuppeln schont das Getriebe zwar
nicht sonderlich, dient aber der Angleichung der Motordrehzahl an die gefahrene Geschwindigkeit im
entsprechendem Gang.

Zum Herausspringen des 1.Ganges:
Der Kraftschluss der Zahnräder im Getriebe geschieht über Klauenräder.
Dabei werden 3 bis 4 Klauen der Räder stirnseitig in ihre Aussparungen geschoben, womit das andere Rad in der
Drehung mitgenommen wird.
Ist nun davon eine Klaue abgebrochen, übernehmen die anderen immer noch diese Funktion.
Wenn jedoch diese hinterschliffenen Klauen an ihren Kanten stark abgenutzt sind, kann das ein Herausspringen
des Gangs zu Folge haben. Betrifft aber vorwiegend den 2. Gang !
Eine ander Ursache wäre, dass durch Gewalteinwirkung des Prüfers die entsprechende Schaltgabel im Getriege
verbogen wurde.
Diese Vermutungen könne aber nur durch den Ausbau des Getriebes bestätigt werden :cry:
Sollte wirklich etwas abgebrochen sein, könnte das der Magnet an der Ölablassschraube schon angezogen haben
und beim Ölablassen zutage treten.

Mein Bauchgefühl sagt mir jedoch:
1. Die Schaltung ist nicht exakt genug eingestellt
2. Die Schaltmechanik mit Verzahnung im Schaltdrehgriff und der Schaltrolle im Griff besitzt
zu viel Leerweg
(Zähne am Drehgriff verschlissen, Zähne an der Schaltrolle verschlissen, Distanzscheiben unter Rolle fehlen,
Zähne am Schaltsegment innerhalb des KULU-Deckels verschlissen und dergl.)
Mein Leitsatz zur Schaltmechanik: Jedes unnötige Spiel auf dem Weg zum Getriebe summiert sich zu einem Großen :idea:
3. Der Blechschale des Lenkers ist am linken Ende etwas verbogen, sodass die Aufnahme für den KULU-Zug dort
anstösst und sich der Dregriff nicht weit genug drehen lässt. (habe ich vor Kurzem an einem Kundenroller gehabt)

Über die Schaltung unserer Touristen gab es hier schon viel zu schreiben.
Vielleicht hilft Dir auch die Suchfunktion (ganz oben rechts) mit verschiedenen Suchbegriffen weiter :wink:

Jedenfalls viel Erfolg und
Viele heinkelige Grüße
BERND aus Bayreuth
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moewe
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Re: Tourist 103 A2 1. Gang schlägt und springt raus

Beitrag von moewe »

Servus Bernd,

danke dir für die ausführliche Beschreibung der Schalttechnik :). Ich war bisher Fraktion Zwischengas oder erst im Stand schalten, werde es aber in Zukunft auch mal mit der Leerlauf-Methode probieren.

So wie du es beschreibst, könnte das Problem tatsächlich an einem abgewetzten Klauenrad liegen. Angenommen der Prüfer hat so viel Material vom Rad des ersten Ganges abgewetzt, dass an der entsprechenden Stelle des Rades, das darin eingreifende Rad heraus rutscht und anschließend zurück auf das anliegende Rad gepresst wird, wenn der Schaltdrehgriff nach unten gehalten wird.
Das würde exakt das wiederholende Herausspringen und anschließende unsanfte Einlegen des Ganges erklären.

Zuhause im Hof (ebene gepflasterte Fläche) ohne Freundin an Board konnte ich im ersten Gang aber wieder normal beschleunigen, ohne dass der 1. Gang heraussprang. Es wirkt so als würde das Problem erst bei höherer Last z.B. bergauf oder mit Sozius auftreten, was meiner Meinung nach auch wieder auf ein abgewetztes Klauenrad hindeutet.

Der Ölwechsel steht demnächst an. Da seh' ich mir mal den Magnet an der Ablassschraube an. Falls hier nicht die entsprechende Menge an Abrieb aufzufinden ist, werde ich zuerst versuchen die Schaltung neu einzustellen in der Hoffnung, dass der Gang einfach nur recht "knapp" eingelegt war und sich bisher nur die Kanten der Zahnräder berührten. Tatsächlich meine ich auch, dass der erste Gang immer sehr unter Spannung eingelegt wird, wenn der Schaltdrehgriff/Bowdenzug schon mehr oder weniger am unteren Anschlag ist.


Ich hoffe allerdings, dass das reicht. Der Ernstfall mit einem defekten Klauenrad würde meine Kenntnisse und technischen Mittel vermutlich übersteigen :|

Vielen Dank dir für deine Hilfe, Bernd! Ich werde berichten, sobald ich mehr Infos habe.


Viele Grüße
Moritz
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