Fragen zu 103-A1

Motor-Vergaser-Antrieb
Scoot-Bike
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Re: Fragen zu 103-A1

Beitrag von Scoot-Bike »

Moin.
Für Bernd: Ich schau nicht so oft in das Forum, werde deine Hoffnung aber jetzt befriedigen.

Für Manico: Nach 32 Jahren Standzeit und dem davor liegenden Betrieb sollten, vor dem Neustart, alle Radialdichtringe erneuert werden
( Dichtlippen haben Staubablagerungen, Oelablagerungen oder sind Ausgehärtet und stechen womöglich eine schmale Nute in die entsprechende Welle - Oelsabberei ist dann das Ergebniss ). Gerade wenn du sowieso die Lima-Kohlen kontrollierst ist auch die Erneuerung des KW-Dichtringes leicht möglich. Leicht möglich ... auch ohne das der Motor zerlegt wird (je nach Bauform den Dichtring zwischen Lippe und Aussendurchmesser ggf. 3 x anbohren oder direkt mit Spaxschrauben versehen und so Pö a`Pö mit einer Zange aus dem Sitz ziehen. Dann sieht man auch den Zustand der Dichtbahn auf der Welle und kann entsprechend einen neuen Dichtring anders, z.B. nicht so tief positionieren.

Motoroel per Spritzkanne durch den Oelnachfülldeckel in die Auffangtaschen der Kipphebel zu geben und an den Stösselstangen in Richtung
Schlepphebel und Nockenwelle zu schicken ist gut, schützt vor Trockenlauf.

Steht ein Endoskop zur Verfügung lohnt sich, vor dem Neustart, ein Blick durch das Kerzenloch immer.
Der Kompressionsdruck wird generell im warmen Motorzustand gemessen, ist meines Erachtens aber nach der langen Standzeit nicht relevant.
Interessanter ist die Qualmentwicklung nach dem Neustart und der ersten Zeit danach, genau wie das Kerzenbild.
Beim Motorlauf im Standgas kannst du den Oeleinfülldeckel aufschrauben. Natürlich spritzt dann etwas Oel raus. Kann man wegwischen. Steigt aber die Leerlaufdrehzahl enorm, so ist dies ein Zeichen für einen hohen Druck im Kurbelgehäuse im geschlossenen Zustand. Der Druck aus dem Brennraum streift dann an den Kolbenringen vorbei, ggf. laufen die sich aber wieder ein. Den Oelstand dann zunächst an der unteren Grenze einstellen, der Raum unter dem Kolben ist ja dann größer.

Bei der Erneuerung der Lenkkopflager lohnt sich ( an der Mutter die den Lagerring trägt und womit das Lagerspiel eingestellt wird ) der Austausch der Stiftschrauben ( die zur Spreizung der Gew.-Steigung, und damit zur Sicherung der Mutter angezogen werden ) gegen solche mit Innensechskant
( DIN 914 oder 915 ). Wenn das Lenkkopflager nachgestellt werden soll, sind diese besser zugänglich.
Beim 103 A1 und A2 Rahmen ist zusätzlich zur beschriebenen Überprüfung des Lenkkopfwinkels ( Hauptrohr ) auch die Kontrolle der Parallelität der
Motorlagerausleger zueinander, zum unteren Bereich des Hauptrohres und auch deren Parallelität zu den oberen Rohren ( Stossdämpfer/ Tankträger )
zu kontrollieren. Der untere Bereich des Hauptrohres muss Rechtwinklig zur Kopfplatte des Rohrknoten stehen.
Bei vielen Rollern sieht man, das die Kofferkastenunterkante nicht Parallel zum Trittbrett steht. Dies ist die Ursache.
Bis dann.
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heinkel-bernd
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Re: Fragen zu 103-A1

Beitrag von heinkel-bernd »

@ Scoot-Bike
ich hoffte, dass sich ein paar andere Leute zu Deinem Vorhaben äußern würden, möchte Dir
jetzt aber meine Meinung dazu nicht länger vorenthalten.
Habe ich mich missverständlich ausgedrückt :?

Ich wollte sagen, dass ich extra mit der Antwort gewartet habe, damit auch andere User ihre geschätzte
Meinung kundtun können :wink:
Manchmal habe ich halt das Gefühl, als würde ich mich vordrängen :(
Meine Hoffnung war, dass sich vor mir schon Leute mit guten Vorschlägen zu Andreas`s Fragen melden,
da er, wie man mitbekommen konnte, recht zügig an seinem Objekt arbeitet :wink:
Viele heinkelige Grüße
BERND aus Bayreuth
Manico1512
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Re: Fragen zu 103-A1

Beitrag von Manico1512 »

gelöscht
Zuletzt geändert von Manico1512 am 21.06.2021, 21:43, insgesamt 3-mal geändert.
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heinkel-bernd
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Re: Fragen zu 103-A1

Beitrag von heinkel-bernd »

Scoot-Bike hat geschrieben: 22.09.2020, 12:14 Gerade wenn du sowieso die Lima-Kohlen kontrollierst ist auch die Erneuerung des KW-Dichtringes leicht möglich. Leicht möglich ... auch ohne das der Motor zerlegt wird (je nach Bauform den Dichtring zwischen Lippe und Aussendurchmesser ggf. 3 x anbohren oder direkt mit Spaxschrauben versehen und so Pö a`Pö mit einer Zange aus dem Sitz ziehen. Dann sieht man auch den Zustand der Dichtbahn auf der Welle und kann entsprechend einen neuen Dichtring anders, z.B. nicht so tief positionieren
Bei diesem Wellendichtring 25x35x7 halte ich es für unmöglich, diesen ohne Beschädigung der Dichtfläche
am Kurbelwellenstumpf durch Anbohren und mittels Spaxschrauben auszuziehen :x
01.JPG
.
Ich habe mir hierzu eine andere Methode einfallen lassen:
02.JPG
07.JPG
Genaueres auf Anfrage, da zu viele Fotos :wink:

Beim Einbau des neuen Wedi-Ringes ist Vorsicht geboten !
Der Sitz im Kurbelgehäuse besitzt keinen Ansatz, der das zu tiefe Einklopfen verhindern würde :o
Die Sitzbreite beträgt auch nur ca. 8,5 mm !
09.JPG
Eintreiben bis Außenfläche des Alu-Sitzes :wink:
Viele heinkelige Grüße
BERND aus Bayreuth
phenomeno
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Re: Fragen zu 103-A1

Beitrag von phenomeno »

heinkel-bernd hat geschrieben: 23.09.2020, 23:10
Genaueres auf Anfrage, da zu viele Fotos :wink:

Hallo Bernd, da ich ja jetzt auch ein Werkzeug bekomme, frage ich dich freundlich auf "Genaueres". :) Kannst du evtl. kurz erklären, wie du dir Platz verschaffst, damit du das tolle Werkzeug ansetzen kannst?


DANKE
Denny
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heinkel-bernd
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Re: Fragen zu 103-A1

Beitrag von heinkel-bernd »

Servus Denny,

hier noch die "fehlende" Abbildung:
Wediring ausziehen2.jpg
Mit dem spitzigen Messer auf den KW-Stumpf achtgeben !
Das Ausziehwerkzeug ist etwas weicher als der KW-Stumpf und hinterlässt beim
Einhängen hinter den Blechrand keine Spuren auf dem KW-Stumpf.

Nach dem Ausziehen des Dichtrings die Dichtfläche am KW-Stumpf betrachten und evtl.
mit Polierleinen oder Schleifvlies etwas abziehen :wink:

P.S.:
Die kurzen roten Pfeile sind noch von einer ursprünglichen Zeichnung und haben
nichts zu bedeuten.
Viele heinkelige Grüße
BERND aus Bayreuth
phenomeno
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Re: Fragen zu 103-A1

Beitrag von phenomeno »

Vielen, vielen Dank Bernd
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RELoeser
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Re: Fragen zu 103-A1

Beitrag von RELoeser »

Liebe Heinkel-Freunde,

der vorstehende Beitrag sowie zahlreiche weitere hier im Forum gaben mir wertvolle Tipps und Hilfen - ganz vielen Dank an alle, die Ihr Wissen und ihre Erfahrung teilen (insbesondere an Heinkel-Bernd sowie an Henning, der leider in der letzten Heinkel-Info seinem Frust über zu geringes Feedback Luft machte - bitte macht weiter!), für die anschaulichen und präzisen Hinweise.

Momentan bringe ich meinen geliebten Heinkel 103-A1 (Bj. 1959, vier Monate älter als ich und seit 1982 in meinem Besitz) technisch wieder auf Vordermann, da ich anlässlich des gemeinsamen 65. Geburtstags eine längere (!) zusammenhängende Reise für das kommende Jahr plane. Der Motor war rund 40 Jahre lang "zu", d.h. nur kleinere Dinge wie Service, Ölwechsel, Ventileinstellungen etc. erfolgten zwischenzeitlich, nachdem ich Anfang der 80er Jahre eine reparierte Kurbelwelle, einen neuen Kolben in neu-geschliffenen Zylinder sowie sämtliche Lager und Dichtungen verbaut hatte.
Der Roller begleitete seitdem mein Arbeits- und Privatleben und transportierte mich in dieser Zeit mit und ohne Sozia/KInder zuverlässig und gutmütig runde 15.000 km (nur - ich habe noch weitere Zweiräder) - vielleicht schreibe ich dazu mal einen Bericht für die Heinkel-Info...

Nun habe ich mal so ziemlich alles am Motor demontiert (bis auf die innerste "Spaltung" - da ist m.E. alles OK), die Kupplung war "fertig", der Zylinderkopf wurde komplett saniert (ohne Bleifrei-Umbau), alles gereinigt und diverse Verschleißteile erneuert. Insbesondere die Abdichtung des Motors liegt mir am Herzen, dazu gibt es hier im Forum und im Technik-Teil viele gute Hinweise.
Zu guter Letzt will ich auch die Zündung mittels eines modernen IGBTs auf (kontaktgesteuert) elektronisch umstellen, d.h. der Kontakt steuert einen kleinen Leistungsschalter. Das tüftele ich aber noch aus, die am Markt verfügbaren Bausätze überzeugen mich nicht.

Meinerseits möchte ich an dieser Stelle zur vorstehenden Diskussion um die Demontage des Kurbelwellen-Wellendichtrings (WDR) auf der LiMa-Seite meine Erfahrung teilen:

Den Trick mit den Spax-Schrauben hatte ich auch bereits mehrfach aufgefunden und als "logisch" / machbar angesehen. Leider funktionierte das aber bei besagtem Ring überhaupt nicht, da der Metallrand, in den man die Löcher einbringen kann, zu schmal ist und sofort in Richtung Welle ausreißt - spätestens dann, wenn man die Schraube eindreht.
Die Methode funktioniert also vermutlich nur bei größeren WDR mit breiterem Metallrand - auch läuft man Gefahr, beim Bohren den Sitz im Gehäuse zu beschädigen.

Wie auch vorstehend beschrieben trennte ich mit einem sehr scharfen Messer (aus dem Modellbau, das ist deutlich feiner und besser geeignet als die abgebildeten Fußboden-Messer) die Gummilippe des WDR heraus (Bild 1)
Bild 1 Spalt statt Dichtlippe.jpg
und fertigte mir dann aus einem kleineren Schraubendreher ein Haken-Werkzeug (Bild 2).
Bild 2 Hakenwerkzeug.jpg
Das geht gut mit dem Dremel, man sollte alle Kanten danach mit feinem Schleifpapier glätten. Die Dimensionierung erfolgte so, dass ich den Haken durch den Dichtspalt einführen und durch Querstellen des Schraubendrehers gut hinter den WDR fassen kann. Der verbleibende Steg ist aber stark genug, um die nötige Zugkraft zu übertragen.
Es ist nicht unbedingt notwendig, den Schraubendreher quer zu stellen, vielmehr reicht es, wenn man hinter den WDR einhaken kann. Gefühlssache ...!
Auf den Schaft des Schraubendrehers hatte ich noch die "fetteste" Nuss meines Ratschenkastens als Austreib-Gewicht geschoben. Nachdem der Haken hinter den WDR fasste, konnte ich den Ring dann durch Schlagen der Nuss gegen den Griff des Schraubendrehers austreiben (Bild 3), dafür braucht man - anders als auf dem Bild - beide Hände.
Bild 3 Austreib-Anordnung.jpg
Man kann auch die Schläge gleichmäßig rund um den Umfang des Rings platzieren - bei mir war das aber nicht nötig, da der Ring nach wenigen Schlägen an einer Stelle bereits herauskam.

Der neue (hellbraune VITON-)WDR ließ sich dann sehr gut von Hand einpressen (Bild 4).
Bild 4 Neuer Ring am Platz.jpg
Auf diese Weise bleibt es mir erspart, allein wegen des WDR das Kurbelgehäuse auseinanderzunehmen und den WDR klassich herauszutreiben.

Mein Dank geht auch an den Heinkel-Shop, der mich in den vergangenen Wochen/Monaten mit zahlreichen Ersatzteilen und Werkzeugen versorgte. Das ist schon außergewöhnlich und zeugt von großem Engagement, Danke, Danke!!!
Viele Grüße aus dem Norden,
Ralf Ernst
Rued
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Re: Fragen zu 103-A1

Beitrag von Rued »

Man kann auch ganz einfach nen kleines Loch reinbohren, ne dünne Blech- oder Spaxschraube eindrehen und damit den Ring rausziehen.
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RELoeser
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Re: Fragen zu 103-A1

Beitrag von RELoeser »

Wie ich ja in meinem kleinen Exkurs schrieb:
Das kann (!) funktionieren, muss aber nicht. Im konkreten Fall geht es nicht, weil der Rand, in den man bohrt, zu schmal ist (2mm-Bohrung geht gerade noch, aber sobald man eine SPAX-Schraube reinmdreht, reißt das Loch aus).
Die Theorie klingt gut, wird hier aber von der Praxis widerlegt...
Viele Grüße aus dem Norden,
Ralf Ernst
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